Auf viele
Menschen hat die Anwesenheit einer Katze grosse beruhigende Wirkung. Sicherlich
auch deshalb, weil Katzen die meiste Zeit des Tages mit Ruhen, Dösen und
Schlafen verbringen. Am liebsten sind ihr Plätze, die ein wenig erhöht sind,
damit sie immer den Überblick behält – und Orte, die kuschelig warm und sonnig
sind. Deshalb steht die Fensterbank über der Heizung ganz oben auf der Hitliste
der Lieblingsplätze: Sie vereint meist beide Vorzüge miteinander. Aber auch
(fast) jeder andere Platz scheint sich – zumindest für ein kurzes Nickerchen –
zu eignen.
Doch eine
Katze beim Schlafen zu beobachten kann nicht nur sehr entspannende Wirkung
haben – es ist auch hochinteressant! Besonders dann, wenn Mieze tief, fest und
entspannt schläft. Dann zucken plötzlich Pfötchen und Schwanz, vibrieren die
Tasthaare, rollen die Augen hinter den geschlossenen Lidern hin und her. Manche
Katze murmelt im Schlaf sogar vor sich hin. Jetzt zu wissen, was im Kopf
unserer Katze vorgeht – wäre das nicht "ein Traum"?
Seit
Jahrzehnten schon beschäftigen sich Traumforscher mit dem Schlaf der Katze. Und
aufgrund fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse kann man heute mit grosser
Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Katzen wie wir Menschen träumen. Es
wird vermutet, dass der Traum für die Katze eine wichtige gesundheitserhaltende
Funktion erfüllt: Im wachen Zustand strömt auf das Katzenhirn eine ungeheure
Fülle von Nachrichten ein. Es muss ständig Eindrücke verarbeiten, aber auch all
die Informationen verwalten, die es vom Anbeginn des Katzenlebens gespeichert
hat. Doch das Gehirn muss sich erholen, denn das Wachsein verbraucht langsam
seine Reserven: Ihre Katze wird müde und möchte schlafen. Im Traum unserer
Mieze tauchen unbewusst Gesehenes, Gehörtes, Erlebtes wieder auf und werden vom
Gehirn verarbeitet. Besonders Kinder sollten deshalb früh lernen, wie wichtig
es ist, die Katze jetzt auf keinen Fall aus ihrer Ruhe zu reissen – auch wenn
sie jetzt noch so niedlich aussieht und man sie am liebsten streicheln und
knuddeln möchte.
Mehr als
fünfzehn von vierundzwanzig Stunden verbringen Katzen mit Schlafen und Dösen:
Das sind fast zwei Drittel des Tages. Dabei muss man natürlich auch
berücksichtigen, dass das individuelle Schlafbedürfnis jeder Katze
unterschiedlich ist. Und dass ganz junge und schon etwas ältere Semester mehr
Schlaf brauchen als eine Katze in den besten Jahren. Ein wahrer
"Wachmacher" ist ein leerer Magen. Ist eine Katze hungrig, erwacht
ihr Jagdinstinkt, und sie wird nicht eher ruhen, bis ihr Hunger gestillt ist.
In ihrer Natur als Jägerin liegt interessanterweise auch die Erklärung, warum
die Katze so viel schläft. Das hochentwickelte Raubtier Katze braucht für seine
Jagdaktivitäten viel Energie. Und wer viel Energie braucht, braucht auch viel
Erholung.
Doch obwohl
das Gehirn sich beim Schlafen erholt, ist der Schlaf kein absoluter
Ruhezustand. Das Katzenhirn arbeitet ständig weiter, wie man an Aufzeichnungen
der Gehirnaktivitäten zeigen kann. Anhand dieser Aufzeichnungen kann man auch
feststellen, in welcher Phase des Schlafes die Katze gerade ist. Zunächst
versinkt sie in einen leichten Schlaf, der nur etwa eine halbe Stunde dauert
und währenddessen sie sich auch nicht bewegt. Man nennt diesen Schlaf auch den
"langsamen Schlaf", sogenannt nach dem Aufzeichnungsbild der dabei
auftretenden Gehirnwellen. Ihre Körpermuskeln bleiben gespannt, und Ihre Katze
kann teilweise auch noch wahrnehmen, was um sie herum geschieht. Leicht kann
sie aus dieser Schlafphase aufschrecken – und hellwach sein.
Erst nachdem
die Phase des "langsamen Schlafes" vollendet ist, beginnt der
Tiefschlaf. Das EEG zeichnet jetzt kleine enge Zackenlinien auf, und man kann
sehen, wie sich die Augäpfel schnell hinter Miezes geschlossenen Lidern
bewegen. Man nennt diese Schlafphase, die übrigens nur sechs bis acht Minuten
dauert, deshalb auch REM-Schlaf (REM, ausgeschrieben "Rapid Eye
Movement", heisst übersetzt "schnelle Augenbewegung"). Vom
Menschen weiss man, dass er in dieser Phase träumt – und das lässt auch den
Schluss zu, dass sich unsere Mieze jetzt im Reich der Träume befindet.
Nach sechs
bis acht Minuten aber ist, wie bereits erwähnt, diese Tiefschlaf-Phase vorüber,
und Ihre Katze gleitet wieder in die Phase des leichten Schlafes, der wiederum
ca. eine halbe Stunde anhält. Und in diesem Wechsel geht es weiter, bis Ihre
Katze wieder die Augen aufschlägt, wach ist und bereit zu neuen Aktivitäten.
Zum Schluss
ist es vielleicht ganz interessant zu erfahren, was – streng wissenschaftlich
gesprochen – im Katzenhirn geschieht, während unsere Katze träumt. Tierärzte
und Verhaltensforscher sehen den Schlaf als eine "Ruheaktivität" der
Gehirnzellen an, die in Traumbildern ihr Übermass an Energie ableiten, das sie
während der Wachphase gewonnen haben.
Und noch
etwas Verblüffendes hat die Traumforschung bei Schlafvergleichen quer durch die
Tierwelt herausgefunden: Je höher entwickelt eine Art ist, um so öfter kann man
REM-Phasen, also Tiefschlafphasen mit Träumen, bei ihr beobachten. Bei Fischen
und Reptilien zum Beispiel konnte man solche Phasen überhaupt nicht
feststellen. Absoluter Spitzenreiter im Träumen ist die Katze: Der Grund dafür
ist allerdings nicht, dass sie das am höchsten entwickelte Lebewesen auf der
Welt ist – sie schläft einfach so viel, dass sie mindestens drei Stunden am Tag
im Land der Träume verbringt.
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